Philosophie & Geschichte

Die Geschichte des
Shotokan-Karate Bundes e.V.
und des
Kakunen Musho Kranenburg e.V.
Die hier folgenden Unterlagen zum Shotokan-Karate Bund wurden von

Herrn Dr. H.-J. Spicher (6. Dan)
zur Verfügung gestellt.

1. Entwicklungsgeschichte des Karate in Ostasien, Deutschland und Kleve.
1.1. Woher stammt Karate ursprünglich?
1.2. Wie und wann kam Karate nach Japan?
1.3. Wie und wann kam Karate nach Deutschland?
1.4. Wie und wann kam Karate nach Kleve?

2. Verschiedene Aspekte des Karate (Geistige Hintergründe)
2.1. Was ist eigentlich Karate – Sport, Kampfkunst oder eine Art der Selbstverteidigung?
2.2. Was hat Karate mit einer Lebensphilosophie zu tun?

3. Über den DSKB (Deutscher Shotokan-Karate Bund)
3.1. Wann und aus welchem Grund wurde der DSKB gegründet?
3.2. Wie ist der DSKB aufgebaut?
3.3 . Welche Veranstaltungen gibt es im DSKB?

4. Karate und Frauen

4.1 Warum gerade Karate für Frauen?

5. Möglichkeiten und Grenzen der Selbstverteidigung durch Karate
5.1. Ab wann ist ein Karate-Ka in der Lage, sich selbst zu verteidigen?
5.2. Was sagt das Gesetz zur Selbstverteidigung?
5.3. Sind Karate-Techniken für jede Notwehrsituation geeignet?

1. Entwicklungsgeschichte des Karate in Ostasien, Deutschland und Kleve.

1.1. Woher stammt Karate ursprünglich?
Als Bodhidharma in den Jahren von 526 bis 534 n. Chr. im Tempelkloster Shao-lin-ssu lebte und lehrte, konnten viele seiner Schüler die strengen Meditationsübungen körperlich nicht oder nur schlecht durchstehen. Aus diesem Grunde führte er körperertüchtigende Übungen ein. Man darf davon ausgehen, dass dem Ceylon-Inder Bodhidharma Yoga bekannt war und dass er sich auch Kenntnisse im Kempo, der Kampfkunst der chinesischen Reisbauern, erworben hatte. Aus diesen beiden Quellen wird er seine körperertüchtigenden Übungen in Form einer Kampfkunst zusammengestellt und weiterentwickelt haben. Diese Übungen breiteten sich recht bald unter dem Namen „Shao-lin-Kampfkunst“ in China aus.
In der Folgezeit entwickelten sich zwei Schulen dieser Kampfkunst: Shorin-ryu und Shorei-ryu. Die Shorin-ryu wurde von den körperlich kleineren Kämpfern im Süden Chinas entwickelt, die sich vor allem auf ihre Schnelligkeit verließen und ihre Kampfübungen dementsprechend gestalteten. Folgende Kata sind dieser Richtung zuzuordnen: Heian 1-5, Bassai-dai, Bassai-sho, Kanku-dai, Kanku-sho, Empi, Gankaku und andere.
Demgegenüber entwickelten die körperlich größeren Kämpfer im Norden Chinas die Shorei-ryu mit ihren harten, kraftvollen, ja kraftbetonten Techniken. In diese Richtung gehören folgende Kata: Tekki 1-3, Jitte, Hangetsu, Jion und andere.

1.2. Wie und wann kam Karate nach Japan?
Die Shao-lin-Kampfkunst gelangte im Laufe der Jahrhunderte auf die Insel Okinawa.
Okinawa, das heute zu Japan gehört, war zeitweise in chinesischem, zeitweise in japanischem Besitz. Durch diese Zwischenstellung zwischen den beiden Mächten war es den Bewohnern Okinawas für lange Zeit untersagt, Waffen zu tragen.
Sie machten aus der Not eine Tugend, indem sie heimlich fast alles zu Waffen umfunktionierten, was dazu irgendwie tauglich erschien: So wurde z.B. aus dem Reisdreschflegel das Nunchaku, welches sehr wirkungsvoll als Waffe eingesetzt werden konnte und kann. (Aus diesem Grund ist heute in Deutschland das Mitführen von Nunchaku verboten.) Die Shao-lin-Kampfkunst wurde zum Okinawa-te oder Kara-te weiterentwickelt. Kara-te bedeutete hier noch „chinesische Hand“, also eine Kampfkunst mit der bloßen Hand, die aus China übernommen war.
Auch Gichin Funakoshi, ein Bewohner der Insel Okinawa, lernte diese Kampfkunst heimlich nachts von seinen beiden Meistern Azato und Itosu. Auf Initiative von Shintaro Ogawa, dem Schulkommissar der Provinz Kagoshima, wurde Karate dann nicht nur öffentlich und offiziell gestattet, sondern sogar in den Lehrplan der Schulen aufgenommen. Im Jahre 1902 wurde Gichin Funakoshi mit der Durchführung dieses Planes beauftragt. Funakoshi tauschte nun das Kanji „kara“ (= chinesisch) gegen das Kanji „kara“ (= leer) aus und entwickelte in den folgenden Jahrzehnten das moderne Karate-do.
Im Jahre 1922 führte Gichin Funakoshi Karate-do erstmals der japanischen Öffentlichkeit vor. Seine Zuschauer waren dermaßen beeindruckt, dass sie ihn baten, Karate-do in Tokio zu lehren, was er auch tat. Er lehrte an verschiedenen Universitäten und auch im Kodokan, der Hochburg des Judo.
Erst 1936 stand dann für Karate-do ein eigenes großes Gebäude (kan) zur Verfügung, welches – Funakoshi zur Ehre – Shoto-kan genannt wurde. „Shoto“ bedeutet „Pinienrauschen“. Funakoshi hatte in jüngeren Jahren unter dem Namen „Shoto“ mehrere Gedichte veröffentlicht. Er hatte sich so genannt, weil in seiner Heimat Okinawa der Seewind so oft in den Pinien rauschte, was ihn sehr beeindruckt haben muss.
Im Jahre 1955 wurde die Nihon Karate Kyokai (Japan Karate Association; JKA) mit Funakoshi als Chefausbilder gegründet. Als Gichin Funakoshi aber noch in diesem Jahr im Alter von 88 Jahren starb, übernahm sein Meister-Schüler Masatoshi Nakayama das Amt des Chefausbilders.

1.3. Wie und wann kam Karate nach Deutschland?
Nun breitete sich Karate-do weltweit aus und gelangte 1957 auch nach Deutschland, wo sich besonders die Meister T. Murakami, H. Kanazawa und H. Ochi um Karate-do verdient machten.
Es entwickelten sich verschiedene Verbände, die Karate teils unter unterschiedlicher Schwerpunktsetzung verstanden, praktizierten und lehrten.
Einer der Karate-ka der ersten Stunde ist Gerd Löw, seit über 20 Jahren Mitglied im Deutschen Shotokan-Karate Bund und Träger des 4. Dan.

1.4. Wie und wann kam Karate nach Kleve?
Von unseren Nachbarn aus Holland war bereits seit längerer Zeit das chinesische Kempo in Kleve bekannt und wurde in mehreren Vereinen praktiziert, als 1977 Hermann Spicher nach Kleve kam und das japanische Karate mitbrachte. Zuerst trainierte er im VfL Merkur Kleve
– gewissermaßen am Rande der Kempo-Gruppe.
Auf Drängen einiger Freunde gründete er dann 1980 das erste Karate-Dojo im Klever Raum in Kranenburg-Nütterden. Erwähnt seien hier als „Männer der ersten Stunde“: Alfred Janzen, 3.Dan und Dojo-Leiter des Karate-Dojo Kranenburg, Georg Derksen, 3.Dan, Klaus Thissen, 1.Dan, Manfred Ziora, 4. Dan, und Dieter Koch, 3. Dan und Leiter des Karate-Dojo Hasselt.
Wenig später wechselte die Gruppe zum VfL-Merkur über, wo nunmehr seit über 15 Jahren Karate trainiert wird.

2. Verschiedene Aspekte des Karate (Geistige Hintergründe)

2.1. Was ist eigentlich Karate – Sport, Kampfkunst oder eine Art der Selbstverteidigung?
Alles drei, also Sport, Kampfkunst und eine Art der Selbstverteidigung – aber auch noch andere wesentliche Aspekte beinhaltet der Karate-Sport
Aspekte des Karate:
Karate als Sport (- Leistungs- und Breitensport)
Karate als Kampfkunst
Karate als Selbstverteidigung
Karate unter kommerziellem Aspekt
Karate als Lebensphilosophie

2.2. Was hat Karate mit einer Lebensphilosophie zu tun?
Die Kampfkunst Karate orientiert sich an der Maxime: Erkennst Du deinen Gegner und erkennst du dich selbst, so werden von hundert Kämpfen, die du auszufechten hast, hundert siegreich sein.
Karate demonstriert hier, dass eine Kampfkunst nicht nur sportliche Aspekte aufweist, sondern durch Meditation auch zur Methode geistiger Vervollkommnung genutzt werden kann.
In China erzählt man sich folgende Geschichte: Ein junger Mann suchte einen alten Mann in den Bergen auf und fragte, wie er zu seinem Selbst, der Buddha-Natur, gelangen könne: Der Alte antwortete: „Stürze dich in den Abgrund!“ Da der junge Mann eine bessere Antwort erwartet hatte, ging er enttäuscht von dannen.
Nachdem der junge Mann über sein Suchen – ohne zu finden – alt und verzweifelt geworden war, besann er sich nochmals auf den Weisen in den Bergen, suchte ihn auf und stellte ihm dieselbe Frage. Und er erhielt dieselbe Antwort: „Stürze dich in den Abgrund!“
Und ein Leben vergeblicher Mühe, Verzweiflung und Ausweglosigkeit trieben ihn zum Abgrund, dessen Grund das Dunkel verbarg. Aber er hielt sich fest an einem letzten Ast, der über den Abgrund ragte. Und noch einmal stellte er seine Frage. Und der Weise sagte: „Lass dich los; lass dich fallen.“ Und der Mann hatte keine Kraft mehr; er ließ sich los, ließ sich fallen in den Abgrund. Und er wurde aufgefangen in den Händen Buddhas.
Erst ein langer Weg des Suchens und der Übung bringt den Menschen dahin, dass er sich ganz loslassen kann, dass er sich nicht mehr klammert an ein Leben, das ihn letztlich nicht tragen kann. Der Mensch muss sein Leben wagen, er muss den Tod durchleben zum LEBEN hin. Der Mensch muss sterben, um neu hervorzugehen wie Phönix aus seiner Asche.

3. Über den DSKB (Deutscher Shotokan-Karate Bund)

3.1. Wann und aus welchem Grund wurde der DSKB gegründet?
Der DSKB wurde 1983 in Kleve gegründet. Er ist der Dachverband einer Vielzahl von Karate-Vereinen in ganz Deutschland.
Wichtige Aspekte, die zur Gründung des DSKB führten, waren die Idee Karate den Verbandsmitgliedern ohne finanziellen Nepp anbieten zu können; des weiteren sollten sportliche Wettkämpfe, die mit menschenunwürdiger Brutalität (publikumswirksam) geführt wurden, verhindert werden. Außerdem stehen beim DSKB Werte im Vordergrund, die von den alten japanischen Meistern gelehrt wurden: in erster Linie die Vervollkommnung des Charakters.

3.2. Wie ist der DSKB aufgebaut?
Es gibt Vereine in ganz Deutschland, die dem DSKB angehören.
Hierbei gibt es jährlich eine Vollversammlung, einen Vorstand mit einem Vorsitzenden und einen Bundessportwart. Das höchste sportliche Organ ist das Dan-Kollegium mit seinem Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden.

3.3. Welche Veranstaltungen gibt es im DSKB?
Der DSKB bietet eine Vielzahl von Lehrgängen für Prüfer A, B und C, Ausbilder und
Kampfrichter (Seiten-, Haupt- und Bundeskampfrichter) an. Auch allgemeine Lehrgänge und spezielle Lehrgänge, wie z.B. Dan-Vorbereitungslehrgänge werden regelmäßig durchgeführt.
Des weiterten werden Turniere und Meisterschaften angeboten.

4. Karate und Frauen

4.1. Warum gerade Karate für Frauen?
Frauen sind weitaus häufiger Ziel gewalttätiger Angriffe als Männer und ihnen meistens schutzlos ausgeliefert, weil sie es nicht gelernt haben, sich dagegen auch mit körperlicher Gewalt zur Wehr zu setzen.
Daher kommt das Vorbereitet-Sein auf eine Gewaltaktion besondere Bedeutung zu.
Das Karate-Training ist so ausgelegt, dass unter anderem Techniken erlernt werden, die es ermöglichen innerhalb kurzer Zeit zu lernen möglichst effektiv auf einen solchen Angriff zu reagieren.
Wichtig im Karate-Training ist aber ebenso, zu erlernen, dem vermeintlichen Gegner zu zeigen, dass dieser kein wehrloses Opfer sondern eine selbstbewusste Persönlichkeit vor sich hat.
Um auch Frauen Karate nicht nur als Selbstverteidigungssport näherzubringen, sollte gesagt sein, dass in einem Karate-Training grundsätzlich folgende Kriterien miteinfließen:
-Mentales Training (Meditationsübungen)
-Vorbereitungen durch verschiedene Aufwärmphasen
-Verschiedene Karate-Übungsteile ohne und mit Belastung
-Lockerungs- und Dehnungsphasen
-Abschlussgymnastik
-Gespräche der Trainer mit den Schülern, um individuelle Probleme zu erörtern

5. Möglichkeiten und Grenzen der Selbstverteidigung durch Karate

5.1. Ab wann ist ein Karate-Ka in der Lage, sich selbst zu verteidigen?
Selbstverteidigungskurse im Schnellverfahren sind nur bedingt tauglich, da sie nur für eine kurze Zeit trainiert und dadurch auch wieder schnell vergessen werden.
Der Karate-Anfänger ist sicherlich noch sehr unbeholfen in der Selbstverteidigung, weil er die Techniken noch nicht verinnerlicht bzw. automatisiert hat.
Karate-Schüler ab 3. Kyu müssten jedoch bereits jeder normalen Kampfsituation gewachsen sein.
Der Karate-Meister dürfte für den „normalen“ Menschen als „unbesiegbar“ gelten, wenn keine Waffen gebraucht werden. Der Karate-Meister hat auch gegen mehrere unbewaffnete Gegner eine realistische Chance.

5.2. Was sagt das Gesetz zur Selbstverteidigung?
Notwehr: § 32 StGB
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen
rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen [Nothilfe] abzuwenden.
Notüberschreitung (Exzess): § 33 StGB
Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft. [Verhältnismäßigkeit der Mittel]

5.3. Sind Karate-Techniken für jede Notwehrsituation geeignet?
Nein:
Karate Techniken sind sehr „Harte Techniken“, hierbei kann unter Umständen die Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht gewahrt werden (weiche Techniken fehlen).
Daher ist Karate zwar sehr wirksam, aber manchmal zu wirksam wenn man die juristischen Folgen bedenkt.

Weltkarte Karate-Mann